Gigis Schwestern Ines und Ada fingen auf der Ehrenstraße 102 1947 unter der Führung von Schwager Renato Bianchi an.
Gennarina Campi
Margot Campi Caterina Valente
Die Kenny Clarke-Francy Boland Big Band
Kenny Klook Clarke
 
  Ines Campi
Logo Coca Cola

Wie aus Campis Eis-Diele
„das Campi“ wurde

von Klaus Hansen

1949: Der Dom ist noch von allen Seiten gut zu sehen. Dafür hat der Bombenkrieg gesorgt. Die Kölner Innenstadt besteht vor allem aus Baulücken. Auch auf der Hohe Straße gibt es noch leere Flächen, eine große Zahl notdürftig kaschierter Ruinen, nur wenig neue Häuser. Die meisten Menschen sind vier Jahre nach dem Ende des Krieges mit einem besinnungslosen Wiederaufbau beschäftigt. Ihr Alltag ist bestimmt durch das Beseitigen vor allem der materiellen Schäden.
24 Millionen Kubikmeter Schutt.

Andere haben den Zusammenbruch hautnah erfahren, sind körperlich und seelisch verletzt, haben ihre Illusionen verloren. Sie sind hungrig nach der Freiheit des Denkens, nach einer neuen Kultur.

Im Mai 1949 wird das Grundgesetz verabschiedet, damit tritt – wie Konrad Adenauer als Präsident des Parlamentarischen Rates erklärt – die Bundesrepublik Deutschland in die Geschichte ein. Im September wird der erste Bundestag gewählt. Deutschland ist endgültig geteilt. Der Kalte Krieg beherrscht die Szene.

Eines der ersten wieder aufgebauten Häuser in der Hohe Straße ist Campis Eis-Diele. Ein italienischer Eissalon auf der alten römischen Straße in unmittelbarer Nähe des mittelalterlichen Domes: Anziehungspunkt für viele Kölner und Kölnbesucher. Hier kehren nach kurzer Zeit Menschen aller Altersgruppen und aus allen Schichten ein. Aber das Café wird mehr bieten als nur Eis – es ist das Versprechen einer anderen, einer neuen Welt. Und mittendrin wirkt ein kölscher Italiener.

„... Köln ist die einzige Stadt in Deutschland, in der ich leben und arbeiten möchte“. (Gigi Campi)

Bei ihm trifft sich bald eine intellektuelle Szene aus Kultur und Politik. Hier spielt die Musik: Jazz, wenige Jahre vorher noch als „ent-artete Negermusik“ verboten, ist zu hören. Jazz – auch das ist Freiheit. Ist kosmopolitisch, ist avantgardistisch. Jetzt Avantgarde zu sein ist allerdings – nach den Jahren der geistigen Enge – nicht all zu schwer. Kultur hat nach der Zeit kleinbürgerlicher Diskriminierung wieder Konjunktur.

Köln ist schon bald nach Kriegsende eine Medienstadt. Verlage erhalten Lizenzen, Zeitungen und die ersten Rundfunksendungen entstehen. Redakteure, Autoren und Schriftsteller finden Arbeit. Der Hunger nach freien Informationen ist groß. 1948 macht eine Verordnung der britischen Militärregierung aus einem Militärsender den Nordwestdeutschen Rundfunk (NWDR) – die Sendeanstalt des britischen Sektors. Köln wird die Heimat des Rundfunks im neuen Bindestrich-Land Nordrhein-Westfalen. 1954 entsteht daraus der WDR.

Im nahe gelegenen Eiscafé auf der Hohe Straße trinken Rundfunk-redakteure und deren Gäste ihren Espresso. Hierher kommen Redakteure der Tageszeitungen, die ihre Freiheit genießen, sich engagiert einmischen, kritisch berichten. Hier treffen sich Musiker und Komponisten, bildende Künstler, Fotografen, Schauspieler. Und es kommen auch die Großen dieser Zeit...und viele echte Leute.

„Da saß der Straßenkehrer neben Dietmar Schönherr, das alte Mütterchen neben Maria Callas ... Dort fanden die Literatentreffen ... mit Peter Bender, Heinrich Böll, Günter Grass und Luise Rinser statt.“ (Joachim Römer in markt + wirtschaft, Oktober 1996)

Empfangen von einem neugierigen, umtriebigen, eloquenten, kreativen Intellektuellen: Pietro Luigi (Gigi) Campi – Redakteur, Architekt, Konzertmanager, Musikverleger, -Produzent und Gastronom. „Das Campi“ – kein Café wie andere. Kein Plüsch. Keine Deckchen. Stattdessen klare Formen.

Es sind die Jahre der Hoffnung, der Erwartungen, des Aufbruchs, die das Campi prägen und die Gigi Campi mitprägt.

Heute erinnern beim „campi im funkhaus“ am Wallrafplatz sparsam und unsentimental einige Fotos von Chargesheimer an die Großen von damals. Geblieben sind natürlich auch die Bilder im Kopf.

„... einen Akzent von Urbanität aber hat Campi schon immer gesetzt.“ (Andreas Rossmann, FAZ, 12. September 1997)

„Das Campi“ – auch heute selbstverständlicher Treffpunkt für eine aufgeschlossene, kreative, illustre Gesellschaft.

13. Dezember 2005